Das Festival der schönen Töne: Colmar schwelgt im Geigenklang

Colmar. Er gilt als der Geiger, an dem sich alle messen müssen. Auch die nachfolgenden Generationen. Jascha Heifetz, vor 115 Jahren in Wilna geboren und 1987 in Los Angeles gestorben, ist der Fixstern am Himmel der Violinisten. Der Musiker, dessen charakteristische Tonfärbung für immer in Erinnerung bleibt. Das 28. Internationale Musikfestival Colmar hat die Geigen-Legende ins Zentrum des Programms gerückt – eine naheliegende Entscheidung, ist doch Festivalchef Vladimir Spivakov selbst ein begnadeter Geiger. Zwar ist er in den vergangenen Jahren meist am Pult seines Russischen Philharmonischen Orchesters zu erleben, doch für dieses ihm wichtige Festivalprogramm, das mit knapp 20 Geigerinnen und Geigern immer wieder Heifetz-Interpretationen bekannter Werke präsentiert, greift er auch selbst zum Instrument. Die Suchende: Mit Alexandra Conunova präsentiert sich ein Jungtalent beim Konzert in der Saint-Mathieu-Kirche. Technisch ist die 28-jährige, bereits mit vielen Preisen dekorierte Moldawierin auf hohem Stand. Wieniawskis Violinkonzert Nr.2 d-Moll, op.22, spielt sie energisch, aber ohne großen Tiefgang. Mit schlanker Tongebung vermeidet sie bei Ernest Chaussons Poème op.25 allzu große Süßlichkeit. Der Routinierte: Renaud Capuçon ist einer der Sterne am Geigen-Firmament. Einer, der mit allen großen Orchestern gespielt hat, und der über eine stupende Technik verfügt. Mit der Russischen Philharmonie unter Spivakov spielt er Mendelssohns Violinkonzert e-Moll, op.64 – routiniert und mit hoher Perfektion. In der Zugabe dann die Heifetz-Transkription „Melodie“ aus Glucks „Orpheus und Eurydike“ – mit enorm viel Gefühl. Der Ausdrucksstarke: Vladimir Spivakov spielt gleich am zweiten Festivaltag Karl Amadeus Hartmanns Concerto funebre, ein Violinkonzert, mit dem er bestens vertraut ist, das er bereits vor Jahren eingespielt hat. Er, der Erfahrene, kann durch Technik, aber noch viel mehr durch Ausdruck glänzen. Der Vollendete: Von allen Geigern des Festivals kommt Vadim Gluzman dem Klang von Heifetz am nächsten – nicht nur, weil er die Stradivari spielt, die Leopold Auer, dem Petersburger Lehrer des Geigengenies, gehörte. Gluzman interpretiert im Sextett Tschaikowskis „Souvenir de Florence“ und das Brahms-Violinkonzert D-Dur, op.77, unter Spivakov – zum Niederknien schön. Am Mittwoch und Donnerstag beenden Geigenwunderkind Daniel Lozakovitj und die 29-jährige Clara-Jumi Kang mit ihren Konzerten ein klangvolles Festival. Sandra Pfäfflin, Pforzheimer Zeitung  

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